PHASE A
Erbbaurechtsvertrag beim Immobilienverkauf:
Das müssen Sie beachten
Nicht immer steht die eigene Immobilie auf dem eigenen Grundstück. Beim sog. Erbbaurecht (umgangssprachlich Erbpacht genannt) ist noch ein weiterer Eigentümer im Spiel. Wenn Sie eine Immobilie auf einem Erbpachtgrundstück verkaufen möchten, gibt es einige Besonderheiten zu beachten. Vorab sollten Sie den bestehenden Erbbaurechtsvertrag (bzw. Erbpachtvertrag) genau unter die Lupe nehmen. Welche Aspekte dabei eine Rolle spielen und wie Sie die Ausgangslage zu Ihrem Vorteil nutzen, erläutern wir hier.
Erbbaurecht einfach erklärt
Per Definition versteht man unter einem Erbpachtgrundstück (bzw. Erbbaugrundstück) Bauland, das ein Verpächter (= Baurechtgeber) innerhalb eines festgelegten Zeitraums vermietet. Dafür zahlt der Pächter (= Erbbauberechtigter) einen Erbpachtzins in monatlichen oder jährlichen Raten.
- In solchen Fällen sprechen Experten von Erbbaurecht.
- Der Begriff „Erbpacht“ ist streng genommen nicht die korrekte Bezeichnung, wird im Alltag aber oft als Synonym verwendet.
Ein Erbbaurechtsvertrag liegt beispielsweise vor, wenn Kommunen, Kirchen oder Stiftungen ein Erbpachtgrundstück für 99 Jahre zur Verfügung stellen. Das Erbbaurechtsgesetz erlaubt sogar noch längere Laufzeiten. Für den vereinbarten Zeitraum besitzt der Pächter alle Rechte, die der Eigentümer eines Grundstücks normalerweise besitzt. Das bedeutet:
Erbbaurecht können Sie genau wie ein Grundstück
verkaufen oder vererben.
Dabei wird der Erbpachtvertrag zu gleichen Konditionen auf die neuen Eigentümer übertragen. Befindet sich auf dem Erbpachtgrundstück bereits eine Immobilie, geht diese ebenfalls in den Besitz der Erben bzw. Käufer über.
Prüfung des Erbbaurechtsvertrags:
Checkliste für Verkäufer
Je besser Sie über rechtliche Einzelheiten Bescheid wissen, desto geschickter können Sie am Ende mit potenziellen Käufern verhandeln!
Wenn Sie eine Immobilie inklusive Erbbaurecht verkaufen möchten, sollten Sie sich vorab noch einmal intensiv mit den Vertragskonditionen auseinandersetzen. Dazu haben wir Ihnen im Folgenden eine Liste mit den wichtigsten Fragen zusammengestellt.
1. Wie lange gilt der Erbbaurechtsvertrag noch?
Die verbleibende Restlaufzeit bestimmt die Nutzungsdauer für den neuen Käufer und dessen Erben. Entscheidend ist, ob der Erbbaurechtsvertrag ähnlich lange läuft wie die übliche Finanzierungsdauer (ca. 20 bis 30 Jahre). Falls der Vertrag deutlich früher endet, sollten Sie im Vorfeld mit dem Erbbaurechtgeber Kontakt aufnehmen. Oft ist es möglich, die festgeschriebene Laufzeit nachträglich zu verlängern.
2. Wie hoch ist der aktuelle Erbbauzins?
Für Käufer zählt natürlich in erster Linie, ob sich ein Erbpachtgrundstück finanziell lohnt. Als Verkäufer müssen Sie also hinterfragen: In welchem Verhältnis steht der Erbbauzins zum Grundstückswert? Kostet es den Käufer mehr oder weniger Geld, ein Grundstück zu pachten (anstatt zu finanzieren)?
Das lässt sich am einfachsten mit einem direkten Vergleich der monatlichen Raten herausfinden. Nehmen wir folgende Beispielrechnung:
- Erbbauzins = 3.000 € p.a. (pro Jahr)
- Grundstückswert = 200.000 €
- Wenn der Käufer das Grundstück mit einer jährlichen Rate von 3.000 € finanzieren würde, müsste er die Summe für einen Zeitraum von über 60 Jahren abbezahlen.
- Der Erbbauzins entspricht 1,5 % des Grundstückswerts. Liegt das aktuelle Zinsniveau bei 3 %, spart der Käufer pro Jahr also 1,5 % Zinsen.
- Würde der Käufer das Grundstück über einen Zeitraum von 30 Jahren finanzieren, müsste er jährlich eine Rate von über 12.000 € zahlen (Tilgung plus 3 % Zinsen).
- Selbst wenn der Käufer 60 Jahre oder länger in der Immobilie leben wird, spart er durch das Erbbaurecht noch eine beachtliche Summe.
Indem Sie diesen Vorteil im Gespräch herausstellen, verbessern Sie ihre Chancen, einen angemessenen Kaufpreis zu erzielen.
Was aber, wenn der Erbbauzins bei 8.000 € (statt 3.000 €) p.a. liegt?
- In diesem Fall beträgt der Erbbauzins 4 % des Grundstückswerts.
- Der Zins für ein Darlehen beträgt dagegen 3 % (= 6.000 € pro Jahr).
- Somit spart der Käufer nur einen Teil der Tilgungsrate, die bei einer normalen Finanzierung anfallen würde.
- Im Gegensatz zur Finanzierung läuft der Erbbaurechtsvertrag allerdings so lange, wie der Käufer die Immobilie besitzt (d.h. unter Umständen das ganze Leben).
Als Verkäufer können Sie hohe Erbbauzinsen deshalb meist nur durch einen entsprechenden Preisabschlag als Vorteil präsentieren. Das könnte beispielsweise so aussehen:
- „Mein Erbbauzins ist 2.000 € höher als das derzeitige Zinsniveau.
- Ich bin bereit, diese Differenz für 5 Jahre zu übernehmen und komme Ihnen beim Kaufpreis um 10.000 € entgegen.
- Sie sparen weiterhin die Tilgung, die bei einer Finanzierung anfallen würde.
- Damit ist der Erbbauzins für Sie die günstigere Variante – selbst wenn Ihnen das Grundstück nicht gehört.“
3. Erhöht sich der Erbbauzins im Laufe der Zeit?
Üblicherweise sieht der Erbbaurechtsvertrag vor, dass der Erbbauzins in gewissen Abständen an die aktuelle Marktlage angepasst wird. Grundsätzlich ist eine Erhöhung alle drei Jahre möglich. Geschieht dies nicht oder nicht regelmäßig, sollten Sie das beim Verkauf als Vorteil herausstellen. Beispielsweise können Sie bemerken: „Bei uns wurde der Erbbauzins in den letzten 30 Jahren nur zweimal erhöht.“
4. An welchem Index orientiert sich der Erbbauzins?
Die Anpassung des Erbbauzinses hängt von einem bestimmten Index ab. Meistens wird hierbei der Verbraucherpreisindex des Statistischen Bundesamts herangezogen. Dieser Wert gibt Auskunft über:
Die durchschnittliche prozentuale Veränderung des Preisniveaus von Waren und Dienstleistungen, die Privathaushalte für Konsumzwecke kaufen.
Anhand des Indexes lässt sich prüfen, ob der Erbbauzins in absehbarer Zeit erhöht wird:
- Wie war der Indexstand bei der letzten Erhöhung?
- Wie hat er sich bis heute verändert?
Wenn der Index um mehr als 10 % gestiegen ist, hat das häufig eine Anpassung des Erbbauzinses im gleichen Verhältnis zur Folge.
Tipp: Falls der lokale Mietspiegel als Maßstab für den Erbbauzins dient, wirkt sich das eher nachteilig für den Käufer aus. Idealerweise sollte aus dem Erbbaurechtsvertrag hervorgehen, dass der Erbbauzins an den Verbraucherpreisindex gekoppelt ist. |
5. Was passiert nach Ablauf des Erbbaurechtvertrags?
Wenn die Laufzeit endet und das Erbpachtgrundstück wieder an den Erbbaurechtsgeber zurückgeht, spricht man von „Heimfall“. Sollte dieser Fall eintreten, gibt es prinzipiell drei Optionen:
- Das Haus wird vom Erbbaurechtgeber zu einem Anteil entschädigt und gehört dann ihm.
- Der Erbbaurechtsvertrag wird weiter verlängert.
- Das Grundstück wird zum Kauf angeboten.
Bei kürzeren Laufzeiten sollten Sie daher frühzeitig mit dem Erbbaurechtgeber in Kontakt treten. Suchen Sie das persönliche Gespräch, um folgende Fragen zu klären:
- Wie sehen die Zukunftspläne aus?
- Zu welchem Preis könnten Käufer das Erbpachtgrundstück bereits heute kaufen?
- Ist eine vorzeitige Verlängerung denkbar?
6. Unter welchen Voraussetzungen stimmt der Erbbaurechtgeber dem Verkauf zu?
Mit einem niedrigen Erbbauzins können Sie in der Regel einen guten Verkaufspreis erzielen. Erfahrene Grundstückseigentümer (bzw. Erbbaurechtgeber) wissen natürlich, dass Verkäufer von der positiven Entwicklung der Bodenrichtwerte profitieren. Dagegen fallen die Einnahmen durch Erbbauzinsen vergleichsweise gering aus. Manche Erbbaurechtgeber versuchen deshalb, ihre Zustimmung zum Verkauf von einem erhöhten Erbbauzins abhängig zu machen. Grundstückseigentümer haben nämlich ein Vorkaufsrecht. Auch bezüglich der Grundschuld, mit der Käufer die Immobilie belasten können, haben Erbbaurechtgeber ein Mitspracherecht. Vor diesem Hintergrund sollten Sie vorab mit dem Eigentümer sprechen und ggf. auch einen Anwalt zu Rate ziehen.
7. Welche Vorteile bietet der Erbbaurechtsvertrag für Käufer?
Als Verkäufer müssen Sie sich immer in die Lage Ihres Gegenübers hineinversetzen: Wonach sucht der Käufer? Welche Wünsche und Bedürfnisse können Sie mit Ihrer Immobilie erfüllen? Für welche Probleme bietet Ihre Immobilie die Lösung? Je mehr schlagfertige Argumente Sie liefern, desto eher wird es zum Kaufabschluss kommen. Dazu sollten Sie auch hervorheben, welche Vorteile sich durch einen Erbbaurechtsvertrag für den Käufer ergeben:
- Der Erbbauzins orientiert sich am Verbraucherpreisindex.
- Dieser Index steigt i. d. R. langsamer als die Wertentwicklung des Bodens und die Erhöhung des Zinsniveaus bei Banken.
- Theoretisch kann der Index auch fallen – wodurch wiederum der Erbbauzins sinkt.
- Mit einem günstigen Erbbauzins müssen Käufer weniger Eigenkapital aufwenden und weniger Kredit aufnehmen.
- Wenn die Immobilie abbezahlt ist, ist es häufig möglich, das Erbpachtgrundstück selbst zu kaufen.
8. Welche Nachteile könnten Käufer im Erbbaurechtsvertrag sehen?
Natürlich müssen Sie ebenso auf kritische Fragen und Einwände gefasst sein. Lassen Sie sich davon aber nicht aus der Ruhe bringen. Letztendlich kommt es immer auf die Sichtweise an: Was in den Augen der Käufer zunächst wie ein großes Problem scheint, lässt sich in vielen Fällen schnell relativieren. Hier sehen Sie eine Gegenüberstellung von potenziellen Bedenken und Strategien, damit umzugehen: